Abmahnung im Arbeitsrecht – Ihre Rechte, Ihre Chancen

Abmahnung im Arbeitsrecht – Ihre Rechte, Ihre Chancen

Abmahnung erhalten – was tun?

Viele Arbeitnehmer sind verunsichert, wenn sie eine Abmahnung erhalten. Was bedeutet das für das Arbeitsverhältnis? Wie schwer wiegt die Abmahnung rechtlich? Und was können Sie konkret tun? In diesem Beitrag geben wir Ihnen alle wichtigen Informationen – verständlich, juristisch fundiert und direkt umsetzbar.

Was muss eine Abmahnung enthalten?

Damit eine Abmahnung rechtlich wirksam ist, muss sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Fehlt eine dieser Komponenten, kann die Abmahnung angreifbar oder sogar vollständig unwirksam sein.

Die drei Funktionen einer wirksamen Abmahnung

  1. Rügefunktion: Das Verhalten des Arbeitnehmers muss klar und konkret beanstandet werden – idealerweise mit Datum, Uhrzeit und Beschreibung des Vorfalls. Pauschale Vorwürfe reichen nicht.
  2. Warnfunktion: Die Abmahnung muss unmissverständlich deutlich machen, dass bei Wiederholung des Verhaltens arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen. Der Arbeitnehmer soll erkennen, dass es „ernst“ ist.
  3. Dokumentationsfunktion: Die Abmahnung dokumentiert das Fehlverhalten für den Fall einer späteren Kündigung – insbesondere zur Beweissicherung.

📝 Beispiel: „Am 12.03.2025 haben Sie den Arbeitsplatz ohne Absprache um 13:45 Uhr verlassen. Dieses Verhalten stellt einen Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Sollte sich ein solcher Vorfall wiederholen, behalten wir uns arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung vor.“

Eine Abmahnung ohne Warnfunktion ist ebenso unwirksam wie eine, die den Vorwurf nicht klar benennt. Arbeitgeber sollten daher größte Sorgfalt in die Formulierung investieren – Arbeitnehmer wiederum sollten jedes Detail prüfen (lassen).

Wie unterscheiden sich Abmahnung und Ermahnung?

Eine häufige Frage in der Praxis: Ist das, was ich erhalten habe, überhaupt eine Abmahnung – oder nur eine Ermahnung?

Die Ermahnung ist eine einfache Rüge, sie hat keine rechtliche Vorwirkung. Eine Abmahnung hingegen ist juristisch relevant: Sie warnt ausdrücklich vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen, bis hin zur Kündigung. Fehlt die Warnfunktion, ist es keine Abmahnung im rechtlichen Sinn – sondern höchstens eine Ermahnung.

Wie reagieren Sie richtig auf eine Abmahnung?

Sie haben eine Abmahnung erhalten – und jetzt? Wichtig ist, besonnen und mit klarem Plan vorzugehen.

  1. Abmahnung sorgfältig lesen und dokumentieren

Notieren Sie sich das genaue Datum des Erhalts und prüfen Sie den Inhalt auf Richtigkeit. Sammeln Sie gegebenenfalls Zeugen oder Unterlagen, die Ihre Sichtweise stützen.

  1. Gegendarstellung verfassen

Sie können schriftlich Stellung nehmen und Ihre Sichtweise zur Personalakte geben lassen. Achten Sie auf einen sachlichen Ton.

📝 Mustertext: „Hiermit nehme ich Stellung zur Abmahnung vom [Datum]. Die dargestellten Vorwürfe entsprechen nicht dem tatsächlichen Ablauf. Ich habe die Arbeitsanweisung nicht verweigert, sondern auf fehlende Unterweisung hingewiesen.“

  1. Rechtlich prüfen lassen

Viele Abmahnungen sind inhaltlich oder formal fehlerhaft. Ein Fachanwalt kann schnell erkennen, ob ein Vorgehen – etwa eine Klage auf Entfernung – Aussicht auf Erfolg hat.

  1. Nicht überstürzt handeln

Unterschreiben Sie nichts vorschnell. Die Unterschrift dient meist nur dem Empfang – nicht der Zustimmung. Sie dürfen die Abmahnung ablehnen, ohne negative rechtliche Folgen befürchten zu müssen.

Checkliste für Ihr Vorgehen:

  • Abmahnung lesen und notieren
  • Gespräch mit Betriebsrat oder Rechtsanwalt führen
  • Gegendarstellung schriftlich einreichen
  • Fristen beachten: Innerhalb von 2–3 Wochen reagieren
  • Ruhe bewahren – keine emotionalen Reaktionen am Arbeitsplatz

📝 Mustertext: „Hiermit nehme ich Stellung zur Abmahnung vom [Datum]. Die dargestellten Vorwürfe entsprechen nicht dem tatsächlichen Ablauf. Ich habe die Arbeitsanweisung nicht verweigert, sondern auf fehlende Unterweisung hingewiesen.“

Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte

Abmahnungen verschwinden nicht von selbst aus Ihrer Personalakte – selbst dann nicht, wenn Jahre vergangen sind. Doch unter bestimmten Voraussetzungen haben Sie einen Anspruch darauf, dass eine Abmahnung entfernt wird.

Rechtsgrundlage: §§ 242, 1004 BGB analog

Bereits 1985 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden: Wenn eine Abmahnung objektiv rechtswidrig ist, verletzt sie das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Die Folge: In entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB besteht ein Anspruch auf Entfernung.

Das gilt insbesondere, wenn:

  • die Abmahnung unrichtige Tatsachen enthält,
  • sie unverhältnismäßig oder ohne ausreichenden Anlass ausgesprochen wurde,
  • sie ihre Warnfunktion verloren hat (z. B. durch Zeitablauf).

DSGVO als zusätzlicher Anspruch

Auch aus der Datenschutzgrundverordnung (Art. 17 DSGVO) ergibt sich unter Umständen ein Löschungsanspruch – vor allem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In Papierform gilt das dann, wenn die Personalakte systematisch geordnet ist (z. B. nach Namen).

Allerdings: Solange das Arbeitsverhältnis besteht, ist die DSGVO kein Freifahrtschein. Dann prüft man ebenfalls nach § 1004 BGB analog. Art. 17 Abs. 3 e DSGVO erlaubt ausdrücklich die weitere Speicherung, wenn die Daten zur Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich sind.

Was tun bei mehreren Abmahnungen?

Ein häufiger Irrtum: Man braucht drei Abmahnungen, bevor gekündigt werden kann. Das ist falsch. In der Praxis kann eine einzige Abmahnung ausreichen – wenn sie wirksam ist und sich das Fehlverhalten wiederholt.

Allerdings: Wenn mehrere Abmahnungen ausgesprochen wurden, sollten Sie diese genau prüfen lassen. Oft lassen sich Formfehler, Verjährung oder inhaltliche Unklarheiten nachweisen. Bei einer Vielzahl von Abmahnungen ist der Arbeitgeber zudem in der Pflicht, diese nachvollziehbar zu begründen.

Wer trägt die Beweislast?

Das hängt vom Verfahren ab:

  • Bei isolierter Klage auf Entfernung: Der Arbeitnehmer muss beweisen, dass die Abmahnung unrechtmäßig ist.
  • Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage: Der Arbeitgeber muss nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegen und beweisen, dass die Abmahnung wirksam war, wenn er sich auf sie stützt.

📌 Praxistipp: In der Kündigungsschutzklage kann es sich lohnen, gleichzeitig die Entfernung vorheriger Abmahnungen zu beantragen – strategisch wie rechtlich.

Lassen Sie Ihre Abmahnung nicht einfach stehen

Eine Abmahnung ist mehr als ein Aktenvermerk – sie kann über Ihre berufliche Zukunft entscheiden. Wer sich wehrt, gewinnt häufig nicht nur Klarheit, sondern auch Handlungsspielraum.

📩 Lassen Sie Ihre Abmahnung rechtlich prüfen. Wir stehen Ihnen mit Erfahrung, Strategie und juristischer Präzision zur Seite – ob bei der Gegendarstellung, der außergerichtlichen Einigung mit dem Arbeitgeber oder der gerichtlichen Entfernung einer Abmahnung.

Lassen Sie sich persönlich beraten – kompetent, diskret und lösungsorientiert.
Ob Sie gegen eine unberechtigte Abmahnung vorgehen, Ihre Gegendarstellung strategisch formulieren oder eine gerichtliche Klärung anstreben möchten – wir sind für Sie da.

150 150 Gottier Rechtsanwälte