Aufhebungsvertrag: Ihre Rechte, Risiken und die 10 entscheidenden Punkte fĂĽr eine rechtssichere Beendigung

Aufhebungsvertrag: Ihre Rechte, Risiken und die 10 entscheidenden Punkte fĂĽr eine rechtssichere Beendigung

Warum ein Aufhebungsvertrag?

Viele Arbeitnehmer:innen denken bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zuerst an eine Kündigung. Doch die arbeitsrechtliche Praxis zeigt ein anderes Bild: Zwischen 70 und 80 % der Kündigungen, die vor dem Arbeitsgericht angegriffen werden, sind mit einem hohen Risiko der Unwirksamkeit behaftet. Dennoch enden rund 90 % dieser Verfahren nicht mit einem Urteil, sondern mit einer einvernehmlichen Beendigung – häufig durch einen Aufhebungsvertrag.

Ein Aufhebungsvertrag bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihr Arbeitsverhältnis freiwillig, schnell und strukturiert zu beenden. Allerdings birgt er auch erhebliche Risiken, wenn nicht alle entscheidenden Punkte rechtssicher geregelt sind.

Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen – und wie wir Sie dabei unterstützen, Ihre Rechte zu sichern und Ihre Chancen optimal zu nutzen.

Was ist ein Aufhebungsvertrag – und worauf kommt es an?

Ein Aufhebungsvertrag ist ein zweiseitiger Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit dem ein bestehendes Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wird. Im Unterschied zur Kündigung entfallen:

  • die KĂĽndigungsfrist (§ 622 BGB),
  • der gesetzliche KĂĽndigungsschutz (§ 1 KSchG),
  • die Beteiligung des Betriebsrats (§ 102 BetrVG),
  • und die Möglichkeit einer KĂĽndigungsschutzklage (§ 4 KSchG).

Ein solcher Vertrag muss nach § 623 BGB zwingend schriftlich abgeschlossen werden. Eine E-Mail, ein Fax oder eine mündliche Absprache reichen nicht aus.

âť— Wichtig: Ein Aufhebungsvertrag kann nicht widerrufen werden. Es gibt in der Regel kein RĂĽcktrittsrecht.
Einmal unterschrieben, ist der Vertrag verbindlich – es sei denn, er wird später erfolgreich angefochten (§ 123 BGB) oder gerichtlich aufgehoben.

Vertragskontrolle: AGB, Fairness und rechtliche Grenzen

AGB-Kontrolle bei Vertragsmustern

In vielen Fällen verwenden Arbeitgeber vorformulierte Vertragsmuster. Dabei handelt es sich rechtlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Solche Klauseln unterliegen der rechtlichen Kontrolle:

  • Sie mĂĽssen klar, verständlich und angemessen sein.
  • Ăśberraschende oder benachteiligende Klauseln sind unwirksam, wenn Sie sich aktiv darauf berufen (§ 306 BGB).

Das Gebot fairen Verhandelns (BAG Urt. v. 07.02.2019 – 6 AZR 75/18)

Wird ein Aufhebungsvertrag unter psychischem Druck, ohne Vorbereitungszeit oder in einer Ăśberrumpelungssituation geschlossen, kann dies zur Unwirksamkeit fĂĽhren.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein solcher Vertrag nachträglich rückabgewickelt werden kann – durch Schadensersatz in Form der Naturalrestitution (§§ 241 Abs. 2, 249 BGB).

Die 10 wichtigsten Regelungspunkte – und wie wir sie für Sie sichern

Ein wirksamer und fairer Aufhebungsvertrag muss individuell und rechtssicher gestaltet sein.
Wir prĂĽfen und verhandeln fĂĽr Sie insbesondere folgende Regelungsinhalte:

  1. Beendigungsdatum
  2. Unwiderrufliche Freistellung
  3. Abfindung
  4. Urlaub und Ăśberstunden
  5. Arbeitszeugnis
  6. RĂĽckgabe von Arbeitmitteln
  7. Wettbewerbsverbot, Verschwiegenheit, RĂĽckzahlungsklauseln
  8. Sperrzeitvermeidung
  9. Ausgleichsklausel
  10. Schriftformklausel

1. Beendigungsdatum

Das Vertragsende muss kalendermäßig genau bestimmt sein (§ 623 BGB).
Fehlt das Datum oder ist es unklar, ist der Vertrag formunwirksam (§ 125 BGB).

Das Beendigungsdatum beeinflusst:

  • Ihre Gehaltsabrechnung,
  • den sozialversicherungsrechtlichen Status (§ 7 SGB IV),
  • Fristen zur Arbeitslosmeldung (§ 38 SGB III),
  • Renten- und ALG-AnsprĂĽche.

2. Unwiderrufliche Freistellung

Eine Freistellung muss unwiderruflich erfolgen, damit:

  • Sie dauerhaft von der Arbeitspflicht entbunden sind,
  • Resturlaub und Ăśberstunden wirksam angerechnet werden können,
  • ein RĂĽckruf ausgeschlossen ist.

Zudem prüfen wir, ob ein anderweitiger Verdienst anrechenbar ist (§ 615 Satz 2 BGB) – oder ob dies vertraglich ausgeschlossen werden soll.

3. Abfindung

Die Abfindung ist Verhandlungssache – nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Wir achten auf:

  • klare Höhe (z. B. „15.000 € brutto“),
  • konkreten Zahlungstermin,
  • steuerlich optimierte Auszahlung (z. B. im Folgejahr, § 34 EStG).

Eine Abfindung von 0,25–0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr gilt laut BSG (18.12.2003 – B 11 AL 35/03 R) als sozialrechtlich akzeptiert zur Vermeidung von Sperrzeiten.

4. Urlaub und Ăśberstunden

Gesetzlicher Urlaub ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG auszuzahlen, wenn er nicht mehr genommen werden kann.
Überstundenvergütungen können bei fehlender Regelung in Kombination mit einer Ausgleichsklausel erlöschen (§ 362 BGB).

Wir sichern Ihre Ansprüche, bevor eine „Abgeltung aller Leistungen“ greift – und prüfen auch vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen.

5. Arbeitszeugnis

Nach § 109 GewO besteht ein Anspruch auf ein qualifiziertes, schriftliches Zeugnis.
Wir sorgen dafĂĽr, dass:

  • die Note („sehr gut“, „zur vollsten Zufriedenheit“) festgelegt ist,
  • ein Entwurf beiliegt oder als Anlage dem Vertrag beigefĂĽgt wird,
  • keine unklare Formulierung wie „wohlwollend“ verwendet wird.

RĂĽckgabe von Arbeitsmitteln

Laptop, Handy, SchlĂĽssel, Unterlagen:
Wir erstellen mit Ihnen eine vollständige Rückgabepflichtenliste mit:

  • RĂĽckgabefrist,
  • Gegenstandsliste,
  • Bestätigung oder Ăśbergabeprotokoll.

Das schützt Sie bei späteren Haftungsfragen – denn ohne Beweislastumkehr haften Sie für vermeintlich nicht zurückgegebene Gegenstände (§§ 985, 604 BGB).

7. Wettbewerbsverbot, Verschwiegenheit, RĂĽckzahlungsklauseln

Ein Wettbewerbsverbot ist nur wirksam, wenn:

  • es schriftlich vereinbart ist,
  • nicht länger als zwei Jahre läuft,
  • eine Karenzentschädigung von mindestens 50 % gezahlt wird (§ 74 HGB).

Rückzahlungsklauseln (z. B. bei Fortbildungen) sind nur zulässig, wenn sie transparent, verhältnismäßig und klar strukturiert sind.
Unangemessene AGB-Klauseln sind regelmäßig unwirksam (§ 307 BGB).

8. Sperrzeitvermeidung

Ohne passende Klausel droht Ihnen eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III).
Wir sorgen dafĂĽr, dass folgende Formulierung aufgenommen wird:

„Dem Arbeitnehmer wäre alternativ betriebsbedingt zum selben Zeitpunkt gekündigt worden.“

Diese Formulierung verhindert eine 12-wöchige Sperrzeit bei der Agentur für Arbeit.

9. Ausgleichsklausel

Eine pauschale Ausgleichsklausel wie

„Mit diesem Vertrag sind alle gegenseitigen Ansprüche erledigt“
kann auch Boni, Provisionen, variable Vergütungen und Urlaub erfassen – sofern sie nicht vorher geregelt oder ausdrücklich ausgenommen wurden.

Unsere Empfehlung:

„Ausgenommen sind Abfindung, Urlaub, Zeugnis, Überstunden, Sonderleistungen und betriebliche Altersversorgung.“

10. Schriftformklausel

Nachträgliche Änderungen sind nur dann wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden (§ 126 BGB).
Auch die Änderung der Schriftformklausel selbst bedarf wiederum der Schriftform (§ 127 Abs. 2 BGB).

Wir stellen sicher, dass spätere Missverständnisse oder mündliche Zusagen rechtlich folgenlos bleiben.

Weitere sinnvolle Regelungen – je nach Fall

âś… Sprinterklausel: Vorzeitiger Austritt gegen Bonus
âś… bAV / Direktversicherung: Beendigung oder FortfĂĽhrung regeln
âś… Bonus / Zielvereinbarungen: anteilige Auszahlung festlegen
✅ Datenschutz & DSGVO: Rückgabe & Löschung dienstlicher Daten
âś… RĂĽckzahlungspflichten: Fortbildung, Darlehen, VorschĂĽsse
✅ Konzernverträge: Welche Gesellschaft ist betroffen?
✅ § 613a BGB – Betriebsübergang: Aufhebungsverträge dürfen nicht zur Umgehung des Kündigungsschutzes dienen
âś… Widerrufs- & RĂĽcktrittsausschluss: klarstellen, dass kein Widerrufsrecht besteht
✅ Hinweis auf Arbeitsagentur: Pflicht zur Meldung nach § 38 SGB III

Fazit

Ein Aufhebungsvertrag kann eine faire und individuelle Lösung sein – wenn er rechtlich belastbar, durchdacht und auf Ihre Interessen zugeschnitten ist.

Unterschreiben Sie nichts, ohne den Vertrag verstanden und geprĂĽft zu haben.
Wir helfen Ihnen dabei – effizient, zielorientiert und mit tiefem arbeitsrechtlichem Verständnis.

Lassen Sie sich beraten – diskret, kompetent und individuell.

Wir unterstĂĽtzen Sie dabei:

  • Ihren Vertrag rechtlich einordnen zu lassen,
  • Ihre Verhandlungsposition zu verbessern,
  • Formulierungen nachzuverhandeln,
  • Risiken frĂĽhzeitig zu erkennen (Sperrzeit, Wettbewerbsverbot, RĂĽckzahlungsklauseln),
  • eine gerechte und rechtssichere Lösung zu erzielen.

Auch wenn Ihr Vertrag bereits unterschrieben wurde, prüfen wir, ob eine Anfechtung, Schadensersatzforderung oder eine nachträgliche Klärung offener Punkte möglich ist.

150 150 gottier rechtsanwälte