Kündigung bei Insolvenz

Kündigung bei Insolvenz

Wird über das Vermögen des Arbeitgebers ein Insolvenzverfahren eröffnet, ändert das zunächst nichts am Bestand des Arbeitsverhältnisses. Dennoch fragen sich viele Beschäftigte: Was passiert jetzt mit meiner Kündigung? Gilt mein Arbeitsvertrag weiter? Wer entscheidet über die Kündigung?

In diesem Beitrag erfahren Sie, was bei Kündigung in der Insolvenz gilt, wie Kündigungsfristen verkürzt werden können – und wie Sie Ihre Rechte sichern.

1. Arbeitsverhältnis in der Insolvenz – was bleibt bestehen?

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO bleibt ein bestehendes Arbeitsverhältnis auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst bestehen. Der Arbeitgeber wird durch den Insolvenzverwalter ersetzt, der anstelle des ursprünglichen Arbeitgebers über Rechte und Pflichten entscheidet (§ 80 Abs. 1 InsO).

Wichtig: Die Insolvenzeröffnung allein ist kein Kündigungsgrund. Auch der Insolvenzverwalter muss das Kündigungsschutzgesetz beachten, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen.

2. Kündigungsfristen im Insolvenzverfahren (§ 113 InsO)

Nach § 113 Satz 1 InsO kann das Arbeitsverhältnis mit einer maximalen Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden – auch wenn der Vertrag längere Kündigungsfristen oder eine Unkündbarkeit vorsieht.

  • Kürzere gesetzliche oder tarifliche Fristen bleiben unberührt
  • Die Regelung gilt auch vor Dienstantritt

Hinweis: Die Kündigung durch den Insolvenzverwalter heilt keine vorherige Unwirksamkeit – eine Nachkündigung ist jedoch zulässig.

3. Wer darf im Insolvenzverfahren kündigen?

  • Nach Eröffnung des Verfahrens: der Insolvenzverwalter
  • Vor Eröffnung, bei vorläufiger Insolvenzverwaltung:
    • „starker“ vorläufiger Verwalter mit gerichtlicher Zustimmung
    • „schwacher“ Verwalter nur mit ausdrücklicher Kündigungsbefugnis durch das Insolvenzgericht (§§ 21, 22 InsO)

Hinweis: Bei Eigenverwaltung (§ 270a InsO) bleibt das Kündigungsrecht beim Schuldner – sofern das Gericht keine anderen Anordnungen trifft.

4. Kündigungsschutz im Insolvenzverfahren – was bleibt, was gilt anders?

Auch im Insolvenzverfahren bleibt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) grundsätzlich anwendbar – sofern die Voraussetzungen des § 1 KSchG erfüllt sind:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht seit mehr als 6 Monaten
  • Der Betrieb beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer

Besonderheit:
Nach § 125 InsO kann bei einem Interessenausgleich mit Namensliste die Vermutung nach § 1 Abs. 5 KSchG greifen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist.

Folgen:

  • Die soziale Auswahl ist nur eingeschränkt überprüfbar
  • Der Arbeitnehmer muss innerhalb von drei Wochen Klage erheben (§ 4 Satz 1 KSchG)
  • Die Beweislast für eine fehlerhafte Auswahl liegt beim Arbeitnehmer

Hinweis: Der Schutz ist also eingeschränkt – aber nicht ausgeschlossen. Besonders bei unplausibler oder willkürlicher Auswahl kann sich eine Klage lohnen.

5. Insolvenzgeld – Lohnsicherung bei Zahlungsausfall

Wird das Arbeitsverhältnis im Insolvenzverfahren beendet und der Lohn nicht mehr gezahlt, können Arbeitnehmer Insolvenzgeld beantragen (§§ 165 ff. SGB III).

  • Gedeckt ist der Nettoverdienst der letzten drei Monate vor der Insolvenz
  • Der Antrag muss innerhalb von zwei Monaten nach Verfahrenseröffnung gestellt werden
  • Die Leistung wird von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlt

Hinweis: Insolvenzgeld schützt nur den Lohnanspruch – keine Urlaubsansprüche oder Abfindungen.

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