Kündigungsarten im Arbeitsrecht: personenbedingt, verhaltensbedingt, betriebsbedingt – alles, was Sie wissen müssen!

Kündigungsarten im Arbeitsrecht: Personenbedingt, Verhaltensbedingt & Betriebsbedingt – Alles, was Sie wissen müssen!

Kündigungen sind für Arbeitnehmer ein einschneidendes arbeitsrechtliches Thema, das gravierende Folgen für ihre berufliche Zukunft haben kann. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede in den Kündigungsarten und den zugrunde liegenden Gründen. Arbeitgeber haben verschiedene arbeitsrechtliche Möglichkeiten, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Besonders häufig kommen dabei die personenbedingte Kündigung, die verhaltensbedingte Kündigung und die betriebsbedingte Kündigung vor. In diesem Beitrag erhalten Sie eine detaillierte Übersicht über die verschiedenen Kündigungsarten, deren Voraussetzungen sowie Ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten.

1. Die personenbedingte Kündigung

Die personenbedingte Kündigung erfolgt, wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen oder sonstigen persönlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 1 Abs. 2 KSchG, der verlangt, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. Ein Beispiel dafür ist das BAG-Urteil vom 30.09.2010 (Az. 2 AZR 88/09), das zeigt, dass eine langfristige Erkrankung mit negativer Prognose ein zulässiger Kündigungsgrund sein kann. Hierbei steht nicht ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Fokus, sondern eine dauerhafte Einschränkung seiner persönlichen Eignung oder beruflichen Fähigkeit.

Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung

Damit eine personenbedingte Kündigung wirksam ist, muss der Arbeitgeber die folgenden Kriterien erfüllen:

  1. Negative Zukunftsprognose: (Die Annahme, dass der Arbeitnehmer dauerhaft nicht mehr in der Lage sein wird, seine Arbeitsleistung zu erbringen, z. B. aufgrund einer schweren Erkrankung.) Es muss hinreichend wahrscheinlich sein, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft seine Arbeit nicht mehr ausüben kann.
  2. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen: (Der Ausfall des Arbeitnehmers muss den Betriebsablauf erheblich stören oder wirtschaftliche Nachteile verursachen.) Der Ausfall des Arbeitnehmers muss sich spürbar auf den Betrieb auswirken.
  3. Keine milderen Mittel: Der Arbeitgeber ist verpflichtet zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Rahmenbedingungen, beispielsweise durch eine Versetzung oder Umschulung, möglich wäre.
  4. Interessenabwägung: Der Arbeitgeber muss die Interessen des Arbeitnehmers gegenüber den betrieblichen Interessen abwägen

Beispiele

  • Langfristige Krankheit ohne Aussicht auf Genesung (z. B. ein Arbeitnehmer erleidet einen schweren Schlaganfall und kann seine Tätigkeit dauerhaft nicht mehr ausüben)
  • Entzug einer notwendigen beruflichen Qualifikation (z. B. Führerschein bei Lkw-Fahrern)
  • Haftstrafe, die eine weitere Beschäftigung unmöglich macht

Kündigungsfrist bei einer personenbedingten Kündigung

Die Kündigungsfrist richtet sich nach § 622 BGB oder tariflichen Regelungen. Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit haben oft längere Fristen. In Ausnahmefällen kann eine außerordentliche Kündigung ohne Frist erfolgen.

Möglichkeiten des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer kann sich gegen eine personenbedingte Kündigung wehren, indem er nachweist, dass seine Leistungsfähigkeit nicht dauerhaft beeinträchtigt ist oder dass es alternative Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen gibt.

2. Die verhaltensbedingte Kündigung

Die verhaltensbedingte Kündigung basiert auf einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, die es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Diese Form der Kündigung setzt einen erheblichen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten voraus, der für den Arbeitgeber unzumutbar ist.

Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung

Die verhaltensbedingte Kündigung ist nur wirksam, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. Pflichtverletzung: (Ein Verhalten des Arbeitnehmers, das gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt, wie z. B. wiederholtes unentschuldigtes Fehlen.) Der Arbeitnehmer muss seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt haben.
  2. Verschulden: (Die Pflichtverletzung muss absichtlich oder fahrlässig begangen worden sein, d. h. der Arbeitnehmer hätte sie vermeiden können.) Die Pflichtverletzung muss vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein.
  3. Abmahnung: In der Regel muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorher abmahnen und ihn zur Verhaltensänderung auffordern.
  4. Unverhältnismäßigkeit milderer Mittel: Eine Kündigung stellt das letzte Mittel dar (ultima ratio) und darf erst erfolgen, wenn sämtliche milderen Maßnahmen, wie eine Versetzung oder erneute Abmahnung, erfolglos ausgeschöpft wurden.

Beispiele

  • Langfristige Krankheit ohne Aussicht auf Genesung (z. B. ein Arbeitnehmer erleidet einen schweren Schlaganfall und kann seine Tätigkeit dauerhaft nicht mehr ausüben)
  • Entzug einer notwendigen beruflichen Qualifikation (z. B. Führerschein bei Lkw-Fahrern)
  • Haftstrafe, die eine weitere Beschäftigung unmöglich macht

Kündigungsfrist bei einer verhaltensbedingten Kündigung

Grundsätzlich gilt auch hier die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist. Eine fristlose Kündigung ist jedoch möglich, wenn ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt (§ 626 BGB).

Möglichkeiten des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer können sich gegen eine verhaltensbedingte Kündigung wehren, indem sie nachweisen, dass keine erhebliche Pflichtverletzung vorliegt oder dass eine Abmahnung nicht erfolgt ist.

3. Die betriebsbedingte Kündigung

Die betriebsbedingte Kündigung erfolgt, wenn der Arbeitgeber aufgrund wirtschaftlicher oder organisatorischer Maßnahmen gezwungen ist, Arbeitsplätze abzubauen, da keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr besteht.

Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung

Damit eine betriebsbedingte Kündigung rechtmäßig ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Betriebliche Erfordernisse: (Wirtschaftliche oder organisatorische Gründe, die den Wegfall eines Arbeitsplatzes erforderlich machen, z. B. eine Standortschließung.) Der Arbeitgeber muss darlegen, dass die Arbeitsplätze aufgrund betrieblicher Erfordernisse, wie wirtschaftliche oder organisatorische Entscheidungen, entfallen.
  2. Dringlichkeit: Es darf keine Möglichkeit bestehen, den Arbeitnehmer anderweitig im Unternehmen weiterzubeschäftigen.
  3. Sozialauswahl: (Die gesetzlich vorgeschriebene Berücksichtigung sozialer Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Alter und familiäre Verpflichtungen bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer.) Im Rahmen der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber die relevanten Sozialdaten der betroffenen Arbeitnehmer sorgfältig abwägen, darunter Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten sowie eine mögliche Schwerbehinderung.
  4. Interessenausgleich: Falls ein Betriebsrat besteht, muss dieser bei der Entscheidung beteiligt werden. Der Interessenausgleich ist ein Verfahren, das darauf abzielt, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer bei betrieblichen Umstrukturierungen abzumildern. Der Betriebsrat muss informiert und angehört werden, da er gemäß § 111 BetrVG das Recht hat, auf die Gestaltung der Maßnahmen Einfluss zu nehmen. Ziel ist es, gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine Einigung über den Ablauf der Umstrukturierung und mögliche Alternativen zur Kündigung zu erzielen.

Beispiele

  • Stilllegung eines Betriebsteils (z. B. ein Unternehmen schließt eine komplette Produktionsabteilung aufgrund mangelnder Auftragslage, wodurch die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden können)
  • Rationalisierungsmaßnahmen, z. B. Automatisierung
  • Umsatzrückgang, der zu Personalabbau führt

Kündigungsfrist bei einer betriebsbedingten Kündigung

Für betriebsbedingte Kündigungen gelten die Kündigungsfristen nach § 622 BGB oder einschlägigen tariflichen Regelungen. Arbeitgeber müssen die Kündigungsfrist entsprechend der Dauer der Betriebszugehörigkeit einhalten.

Möglichkeiten des Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer kann eine betriebsbedingte Kündigung anfechten, indem er prüft, ob die Sozialauswahl korrekt vorgenommen wurde oder ob die betriebsbedingte Entscheidung tatsächlich gerechtfertigt ist. Typische Fehlerquellen sind etwa eine fehlerhafte Sozialauswahl, unzureichende Dokumentation der wirtschaftlichen Gründe oder die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz, die nicht ausreichend geprüft wurde.

Fazit: Die richtige Reaktion auf eine Kündigung

Die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer Kündigung können erheblich sein und erfordern eine sorgfältige Prüfung durch den betroffenen Arbeitnehmer. Egal ob personenbedingte Kündigung, verhaltensbedingte Kündigung oder betriebsbedingte Kündigung – Arbeitnehmer sollten ihre arbeitsrechtlichen Rechte genau kennen und sich bei Bedarf juristischen Rat einholen. Wichtig: Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG).

Falls Sie eine Kündigung erhalten haben oder Fragen zu Ihrem Arbeitsverhältnis bestehen, stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite. Ich prüfe Ihren Fall individuell und unterstütze Sie dabei, Ihre Interessen bestmöglich durchzusetzen.

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