7 wichtige Tipps für leitende Angestellte – Was Sie wissen müssen

7 wichtige Tipps für leitende Angestellte – Was Sie wissen müssen

Leitende Angestellte nehmen eine Schlüsselposition in Unternehmen ein. Sie verfügen über weitreichende Entscheidungsbefugnisse und tragen maßgeblich zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens bei. Doch ihre arbeitsrechtliche Stellung ist komplex: Einerseits gelten sie als Arbeitnehmer, andererseits unterliegen sie spezifischen Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und im Kündigungsschutzgesetz (KSchG).

Dieser Beitrag bietet eine präzise Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen, potenziellen Fallstricke und praxisnahen Handlungsempfehlungen für leitende Angestellte

Tipp 1: Klären Sie Ihren Status als leitender Angestellter

Abgrenzung nach BetrVG und KSchG

Die arbeitsrechtliche Definition leitender Angestellter variiert je nach gesetzlicher Grundlage:

Nach § 5 Abs. 3 BetrVG:

  • Eigenständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis.
  • Alternativ: Generalvollmacht oder Prokura.
  • Oder: Maßgebliche unternehmerische Entscheidungsbefugnis

Nach § 14 Abs. 2 KSchG:

  • Geringere Anforderungen als im BetrVG.
  • Eine bedeutende Personalverantwortung genügt.

👉 Relevanz: Während das BetrVG explizit eine eigenständige Personalhoheit fordert, genügt es nach dem KSchG, wenn der leitende Angestellte entscheidenden Einfluss auf Personalfragen nimmt.

Häufige Irrtümer

Ein Abteilungsleiter mit Budgetverantwortung, aber ohne autonome Personalentscheidungen, erfüllt nicht die Kriterien des BetrVG.

Ein Prokurist mit Entscheidungsbefugnissen über mehrere Unternehmensbereiche fällt eher unter die Definition.

Ein Vertriebsleiter mit Personalverantwortung, aber ohne direkte Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis, könnte nach KSchG, jedoch nicht nach BetrVG als leitender Angestellter gelten.

Tipp 2: Verstehen Sie Ihre Rechte und Pflichten

Arbeitszeit und Vergütung

Leitende Angestellte unterliegen nicht den regulären Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG). Dies bedeutet:

  • Keine Begrenzung der Höchstarbeitszeit.
  • Keine gesetzlichen Pausenregelungen.
  • Keine verpflichtenden Ruhezeiten.

👉 Praxisfolgen: Führungskräfte überschreiten regelmäßig eine 40-Stunden-Woche, ohne Anspruch auf Zeitausgleich.

Tipp 3: Beachten Sie die speziellen arbeitsrechtlichen Regelungen

Keine Betriebsratsvertretung – aber Sprecherausschuss möglich

Leitende Angestellte werden nicht vom Betriebsrat vertreten (§ 5 Abs. 3 BetrVG). Konsequenzen:

  • Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
  • Betriebsrat muss vor einer Kündigung nicht angehört werden (§ 102 BetrVG).
  • Sprecherausschuss als Alternative (gemäß SprAuG), jedoch nur mit Informations- und Beratungsrechten.

👉 Praxisfall: Ein leitender Angestellter kann bei betrieblichen Umstrukturierungen keine Unterstützung durch den Betriebsrat erwarten.

Typische Fehler in Arbeitsverträgen

🚨 Fehlende Abfindungsregelungen – Kein festgelegter Anspruch auf Entschädigung im Kündigungsfall.

🚨 Unpräzise Weisungsbefugnis – Unklarheiten über Entscheidungsbefugnisse führen zu rechtlichen Streitigkeiten.

🚨 Unwirksame Wettbewerbsverbote – Ohne Karenzentschädigung (§ 74 HGB) nicht durchsetzbar.

🚨 Fehlende Regelungen zu variabler Vergütung – Bonuszahlungen müssen konkret definiert sein.

Tipp 4: Bereiten Sie sich auf mögliche Kündigungsszenarien vor

Kündigungsschutz – Besondere Regelungen

Leitende Angestellte genießen eingeschränkten Kündigungsschutz nach dem KSchG, mit folgenden Besonderheiten:

  • § 9 KSchG (Auflösungsantrag durch den Arbeitgeber): Arbeitgeber können eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung beantragen.
  • § 14 KSchG (Betriebsrat nicht erforderlich): Kündigungen erfolgen ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats.
  • § 17 KSchG (Massenentlassungen): Leitende Angestellte sind oft nicht durch Sozialpläne abgesichert.

👉 Praxisfall: Ein Marketingleiter mit zehn Jahren Betriebszugehörigkeit sollte seine Abfindung professionell verhandeln, da Arbeitgeber oft zu hohen Zahlungen bereit sind, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Tipp 5: Nutzen Sie die Checkliste für Ihre Bestandsaufnahme

Leitende Angestellte betonen im Arbeitsalltag oft ihre herausgehobene Position. Doch im Kündigungsfall versuchen viele, sich auf den allgemeinen Kündigungsschutz zu berufen und abzustreiten, dass sie leitende Angestellte sind. Diese Checkliste hilft Ihnen, Ihren Status korrekt zu bestimmen und sich auf arbeitsrechtliche Streitfälle vorzubereiten.

Tipp 6: Prüfen Sie Ihren Status mit dieser Schnell-Checkliste

Beantworten Sie die folgenden Fragen, um Ihren Status festzustellen:

Sind Sie Geschäfts­führer (ohne Organ­mitglied iSd § 14 I Nr. 1 KSchG zu sein)?

Sind Sie Betriebs­leiter?

Nehmen Sie innerhalb Ihres Unter­nehmens Führungs­aufgaben wahr und haben dabei einen nicht uner­heblichen Entscheidungs­spielraum?

Haben Sie die Befugnis zur Ein­stellung von Personal?

Haben Sie die Befugnis zur Entlassung von Personal?

Üben Sie die Befugnis tatsächlich aus?

Betrifft die Befugnis einen bedeutsamen Personen­kreis?

Stellt die Befugnis einen wesentlichen Teil Ihrer Tätigkeit dar?

Tipp 7: Setzen Sie gezielt Ihre nächsten Schritte um

Leitende Angestellte haben eine besondere arbeitsrechtliche Stellung, die sowohl Vorteile als auch spezifische Risiken mit sich bringt

Prüfen Sie Ihre arbeitsrechtliche Einordnung (BetrVG vs. KSchG).
Überprüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag auf relevante Klauseln – insbesondere zu Kündigungsschutz, Abfindungen und Wettbewerbsverboten.
Klären Sie, ob Sie über einen Sprecherausschuss vertreten werden können.
Verhandeln Sie im Kündigungsfall gezielt Ihre Abfindung – Arbeitgeber sind oft bereit, hohe Summen zu zahlen, um Prozesse zu vermeiden.
Lassen Sie Ihre rechtliche Position professionell prüfen – besonders vor Vertragsunterzeichnung oder im Streitfall.

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